Veranstaltungen 2019
Die "schönste Gunst" Goethes
vs. den "frohesten Mann des Jahrhunderts".
vs. den "frohesten Mann des Jahrhunderts".
Prof. Detlef Jena stellt dem Publikum Charles-Joseph de Ligne vor.
So. 31. März 2019, 11.00 im Café Vetter, Marburg
De Ligne ist eine wichtige Familie - obwohl de Ligne schlicht „die Linie“ heißt -, weil sie eine Familie ist, die mit den europäischen Königshäusern durch Heirat verwandt war. Charles-Joseph de Ligne wuchs ohne Mutter auf, hatte dafür einen tyrannischen Vater, der sich sonst wenig um ihn kümmerte sowie eine schreckliche Gouvernante, die ihn schon mit fünf Jahren missbraucht hat. Hinzu kam der Einfluss inkompetenter Privatlehrer, bis er endlich an einen Privatlehrer kam, der ihn sehr gefördert hat. So wurde er schon mit 16 Jahren Kammerherr der Maria Theresia, weil Südholland noch zu Österreich gehörte, bevor es 1830 Belgien wurde.
De Ligne ist vor allem durch sein Buch über die Gartenkunst noch sehr bekannt, ansonsten durch seine Militärschriften, Essays und Aphorismen. Er war Aufklärer, hatte auch Voltaire und Rousseau besucht, zudem war er ein Jahr Gesandter Maria Theresias am Hof bei Ludwig XV in Versailles. Versailles war kein reines Vergnügen, weil „bis unter das Dach auch alle Kaninchen- und Hühnerställe mit Adligen belegt waren, da alle am Hof sein mussten.“ De Ligne machte Karriere beim Militär, wurde zum Feldmarschall ernannt, war auch mit Friedrich dem Großen befreundet sowie mit Kaiser Joseph II. und war bei Katharina der Großen in Petersburg.
Die Quintessenz des Vortrages von Detlef Jena: Charles-Joseph de Ligne ist ein zu Unrecht vergessener Autor, und er hatte geradezu um die Freundschaft Goethes gebuhlt, obwohl er ein Vertreter des Ancien Régime war, und Goethe bereits der Mann des nächsten Jahrhunderts, das vorab von ihm im Faust zweiter Teil entworfen wird.
Thematische Schwerpunkte:
Detlef Jena hat als Osteuropa-Historiker Bücher über die russischen Zaren und über Katharina die Große und Maria Pawlowna, die Schwiegertochter von Carl August, geschrieben, sich dann der thüringischen Landesgeschichte zugewandt. Weitere Bücher über Weimarer Klassik folgten, zum Beispiel die erste große Biografie über Karl Friedrich, dem Ehemann der Maria Pawlowna, die auch die Schwester vom Zar Alexander I. war, der Napoleon in Russland besiegt hatte, sowie ein Buch über Sophie, die Tochter des Königs der Niederlande. Gegenwärtig hat Detlef Jena einen Kulturführer über Weimar abgeschlossen, der im Herbst 2019 erscheint. Nicht zu vergessen das Buch über die Gärten in Weimar und in Wörlitz.
Vita:
Detlef Jena, Prof. Dr. sc. phil., geb. 1940 in Wittenberge, hat Geschichte, Kunstgeschichte und Völkerrecht in Jena und Halle/Saale studiert. Von 1985 bis 1991 war er Ordentlicher Professor für Osteuropäische Geschichte an der Universität Jena. Er kann Gastlehrtätigkeiten in Innsbruck, Tampere und Utrecht sowie eine Gastprofessur an der Universität in Paris vorweisen. Von ihm sind zahlreiche Bücher zur Geschichte der Romanow-Dynastie in Russland, zur Geschichte der deutsch-russischen Kulturbeziehungen und zur Geschichte des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach erschienen, u. a. die Biografien über Russlands Großfürstin Maria Pawlowna und deren Gemahl Großherzog Carl Friedrich.
Werke
(aus: Thüringer Literaturat)
Kurt Eisner. Der Geheimbund des Zaren. Der Königsberger Prozeß wegen Geheimbündelei, Hochverrat gegen Rußland und Zarenbeleidigung vom 12. bis 25. Juli 1904, Berlin 1988
Georgie Plechanow, Biographie, Berlin 1989
Die russischen Zaren in Lebensbildern, mit Rainer Lindner, Graz-Wien-Köln 1996
Maria Pawlowna – Großherzogin an Weimars Musenhof, Biogr., Graz-Wien-Köln-Regensburg 1999
Die Zarinnen Rußlands 1547-1918, Graz-Wien-Köln-Regensburg 1999, [estnische Ausgabe, Tallin 2000, russische Ausgabe, Moskau 2006]
„Die Welt, obgleich sie wunderlich...“ – Marginalien zur Geschichte, Jena 2000
Ach Luise... Die Freiherrn von Ziegesar, Rußland und der parlamentarische Konstitutionalismus in Sachsen-Weimar-Eisenach in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Jena 2001
Potemkin. Favorit und Feldmarschall Katharina der Großen, München 2001 [Moskau 2007]
Lexikon der russischen Kultur, Mitautor, Darmstadt 2002
Die französische Revolution und das Projekt der Moderne, Mitautor, Wien 2002
Rußland – Kontinuität, Konflikt und Wandel, Mitautor, München 2002
Katharina Pawlowna. Großfürstin von Rußland - Königin von Württemberg, Regensburg 2003 [Moskau 2006]
Zar Iwan VI. Der Gefangene von Schlüsselburg, München 2004
Die Weimarer Zarin. Erzählung, Jena 2004
Das Weimarer Quartett. Die Fürstinnen Anna Amalia, Louise, Maria Pawlowna, Sophie, Regensburg 2007
Napoleon - Reisewege in Thüringen, mit Rüdiger Stolz, Weimar 2007
Königin Olga von Württemberg. Glück und Leid einer russischen Großfürstin, Verlag Friedrich Pustet Regensburg 2009
Carl Friedrich. Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach, Regensburg 2013
Wie das Vorüberschweben eines leisen Traumbilds – Goethe, Weimar und das Wörlitzer Gartenparadies, Wiesbaden 2017