Geheinmnisvolle Unschärfe - Religionshermeneutik. -13-06-2017 - Verlag-Blaues-Schloss

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Veranstaltungen 2017


Des Kaisers neue Kleider
vom visionären neuen Schneider
mit der scharfen Schere der Unschärfe
    
Oder die Kunst, mit einem neuen Handschuh ein sehr altes heißes Eisen anzufassen
  
  
Zur Antrittsvorlesung von Prof. Dr. Malte Dominik Krüger: "Geheinmnisvolle Unschärfe - Kulturanthropologische Religionshermeneutik"
      
Fachbereich Evangelische Theologie, Philipps Universität Marburg
13. Juni 2017 in der Aula der Alten Universität     

Prof. Dr. Malte Dominik Krügers Antrittsvorlesung  war eloquent, großartig, virtuos. Für das abarocke protestantische Gemüt  vielleicht ein wenig zu viel des Guten. Zumal exorbitante Qualitäten  Gefahren in sich bergen. Zum Beispiel kann gerade die unverrückbare  Standhaftigkeit eines Felsens einem Schiff zum Verhängnis werden.

So neigt Eloquenz dazu, glatt und bruchlos, an sich  widerspenstige Dinge, im eigenen Fluss aufzunehmen, der dann donaugleich  majestätisch die Untiefen verdeckt. Großartig also nach der  Art von Größe scheint manchmal so wie ein Leuchtturm, der seinen  Lichtstahl über tieferliegende Schatten- und Gedankenwelten wirft. Nur  so schnell das Licht da ist, so schnell ist es auch wieder fort. Und virtuos,  muss man da nicht gleich an den Teufelsgeiger denken, der im Rausch,  alles im Griff zu haben, seine Zukunft verspielt, weil es die Dinge und  der Herr der Dinge nicht mögen, dass man sie im Griff hat?

Aber was soll man tun in so einer Situation einer Antrittsrede, außer ganz Luther sein in dem Sinne: „Hier stehe ich und kann nicht anders.“ Und Krüger konnte es gut. Was man eben können  muss als Alphatier: zeigen, dass man sein Revier kennt, intelligente  Duftmarken setzen und nicht nur sein Gebiss zeigen, sondern auch recht  treffsicher zubeißen. Ergon ganz aristotelisch. Mit Biss ist  das Markante, Scharfe, Klarsichtige gemeint. Und mit Griff, um auf  diesen wieder zurückzukommen, der Griff nach dem Horizont, der durch  neue Definitionen recht scharf unscharf wird, und der wie verzaubert stehen bleibt, geschmeichelt vom Zugeständnis, dass man ihn nicht greifen kann.  
    
Dem ernüchternden, dafür faden alternativarmen Digital-Entweder-Oder wird nicht nur das alternativreiche Analoge-Sowohl-Als-Auch gegenübergestellt, sondern es darf seine Hochzeit feiern. Endlich-Profan-Digitales verschmilzt mit Unendlich-Erhaben-Analogem zur unio mystica.  Der Mensch, der kleine Gott von dieser Welt, will eben alles. Das  befeuert sein Streben über sich hinaus. Und zeigt damit eben sein Wesen,  dass er nicht alles ist und nicht alles hat. Ja, er „hat“ noch nicht  einmal seine Einbildungskraft oder sein Bildvermögen: weil sie ihm  gegeben sind und sie als solche wirken.
  
Wenn zum Beispiel ein Bild nur eine Abbildung vom Abgebildeten  ist und insoweit weit nicht das Abgebildete selbst, also seine Negation,  liegt dann nicht der Schluss nahe, dass die Abbildungen der Welt in  unserem Bewusstsein, auch nicht die Welt sind, sondern ihre Negation?  Der Unterschied ist nur, dass wir zwar nicht ein Bild mit dem  Abgebildeten identifizieren, hingegen durchaus aber die Bilder unseres  Bewusstseins mit der Welt.



Mit dem recht vielversprechenden neuen Professor für systematische  Theologie und Direktor des Rudolf Bultmann Instituts hat die Marburger  Protestantische Theologie sich in den Besitz eines edlen Ölfasses  gebracht, das die recht zeitgeistlich brennenden Öllämpchen der zehn und  mehr Jungfrauen in der alten Universität unter dem Marburger Schloss  heller leuchten lassen wird. Zur Freude des Herrn. Hoffentlich.

    
    
Vorab der Lesung fand die Begrüßung sowie die Ehrung der Graduierten und Promovierten durch den Dekan
Prof. Dr. Friedemann Voigt
statt. So auch die von
Dr. Dr. Joachim Kahl
.


    
"Sehr geehrter Herr Dr. Kahl, auch Ihnen darf ich die Urkunde verlesen:    
 
Der  Fachbereich der Evangelischen Theologie der Phillips Universität  Marburg/Lahn erneuert Herrn Dr. Joachim Kahl aus Köln - der die  kritische Erforschung der christlichen Religion zunächst innerhalb, dann  aber außerhalb der Kirche gefördert hat, der Kritik stets auch als  Selbstkritik verstanden und praktiziert hat, der die geistige Freiheit  als anspruchsvolle Aufgabe verstand, die stets aufs Neue errungen werden  muss, der es schließlich der akademischen Theologie mit Gründen  abverlangte, es sich nicht leicht zu machen, und der sich stets  unzweideutig für eine unbedingte Hochschätzung der Humanität eingesetzt  hat – aus Anlass der 50. Wiederkehr seiner im Jahre 1967 vollzogenen  Doktorpromotion und hiermit sein Diplom und verleiht ihm von Neuem  Titel, Rechte und Würde eines Doktors der Theologie.
     
Vollzogen zu Marburg an der Lahn, am 13. Juni 2017      
Der Dekan"     

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Malte Dominik Krüger
Das andere Bild Christi
Taschenbuch: 618 Seiten
Verlag: Mohr Siebeck; Auflage: 1 (1. Februar 2017)
ISBN: 978-3161545849
Preis:
    
    
(Verlagsangabe Mohr Siebeck)
    
    
In dieser Studie zeigt Malte Dominik Krüger, dass die  (evangelische) Religion im menschlichen Bildvermögen verankert ist.  Damit werden religionskritische Vorbehalte und neueste Entdeckungen der  Kulturwissenschaften aufgenommen. Der Autor verweist darauf, dass es für  den Menschen und seine Freiheit grundlegend ist, mit inneren wie  äußeren Bildern umgehen zu können. Auch Sprache und Vernunft bleiben  darauf angewiesen. Menschen können gar nicht anders, als dass sie immer  wieder dieses Bildvermögen vergegenständlichen. Geschieht dies im  Horizont des Unbedingten, hat man es mit Religion zu tun. Im  christlichen Glauben wird dies innerhalb der Religion selbst wirklich,  wenn Jesus von Nazareth als Gottes Bild vorstellig wird. Diese Einsicht  kultiviert der spätmoderne Protestantismus, wenn er Glaube und Bibel als  Weisen innerer und äußerer Bildlichkeit versteht. Freiheit und  Kreativität, Gedächtnis und Inszenierung werden so zu protestantischen  Leitbegriffen.Diese Arbeit wurde mit dem fächer- und  fakultätenübergreifenden "Christian-Wolff-Preis" 2015 für die beste  Habilitationsschrift der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  ausgezeichnet.
    
Malte Dominik Krüger, geb. 1974, hat Theologie  (Dr. theol.) und Philosophie (M.A.) studiert, ist wissenschaftlicher  Mitarbeiter für Systematische Theologie an der Evangelisch-theologischen  Fakultät Münster und Pfarrer der Landeskirche Hannovers. Seine  Forschungsthemen sind die Gotteslehre, Religionsphilosophie und  Bildtheologie. (Evangelische Verlagsanstalt).
Kahl, Joachim
Benedikt Spinoza (1632 – 1677)
Philosoph von Weltrang
und Türöffner der europäischen Aufklärung
Kartoniert, 48 Seiten, 6 Farbabbildungen,
ISBN 978-3-943556- 46-9
Preis 8,75 €


Zum Buch:
Nach seinem Ausschluss aus der Amsterdamer portugiesischen Synagogengemeinde mit dem großen Bannfluch im Alter von 24 Jahren wegen „schrecklicher Ketzereien“ und „ungeheuerlicher Handlungen“ schloss sich Spinoza keiner anderen Religionsgemeinschaft an und teilte keinen monotheistischen Offenbarungsglauben mehr. Und doch verfiel er nicht, wie es der gängigen Ketzer- und Apostatenpolemik zufolge hätte geschehen müssen, der Unzucht. Er wurde kein Trunkenbold, kein Betrüger. Seine noble menschliche Art und sein redlicher Broterwerb als Schleifer optischer Gläser erweckten allgemein Erstaunen und Argwohn. Seine bürgerliche Existenz war nicht ernsthaft gefährdet, weil in den Niederlanden Gewissens- und Glaubensfreiheit relativ fest verankert waren. Seine philosophische These „Gott oder Natur“ entthronte den außerweltlichen Himmelsmonarchen und Schöpfergott. Spinoza begründete eine Naturund
   Vernunftreligion, die freilich von Anfang an unter allseitigem Atheismusverdacht stand, da sie auf jeden Transzendenzaspekt verzichtete. An die Stelle des Glaubens trat bei ihm die „geistige Gottesliebe“, die Gott in den Dingen aufsuchte und damit die gesamte Wirklichkeit einer empirischen und rationalen Erforschung freigab.
   
   
Zum Autor:
   
Joachim Kahl, geboren 1941 in Köln. Dr. theol (1967) und Dr. phil. (1975). Vertritt eine Philosophie eines säkularen Humanismus, zu deren Ahnen auch Spinoza zählt. Eigentümlichkeit: Entwicklung einer weltlichhumanistischen Spiritualität. Hauptwerke:
     „Das Elend des Christentums oder Plädoyer für eine Humanität ohne Gott“ (1968; 1993; 2014) und „Weltlicher Humanismus. Eine Philosophie für unsere Zeit“ (2005). Ständige Ergänzungen, Korrekturen, Aktualisierungen zu allen behandelten Themen sowie Kunstinterpretationen auf der Homepage unter der
   Rubrik „Texte“, die kostenlos herunter geladen werden können.

   

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