Veranstaltungen 2020 - Verlag-Blaues-Schloss

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Veranstaltungen aus dem Jahr 2020:


Die „Grüne Sahara“. Eine historische Völkerwanderung auf Grund eines Wandels des Klimas?
Ein Beitrag zur afrikanischen Sprachforschung
von Professor Dr. Herrmann Jungraithmayr im Festsaal des Rathauses in Marburg am
Sonntag, den 26. 01. 2020





Einleitung von Ludwig Legge

„Sehr geehrter Damen und Herren. In unserer Reihe Uni im Café ist Herrmann Jungraithmayr bereits mit zwei Vorträgen vertreten, die er veröffentlicht hat: „Die Dreidimensionalität afrikanischer Sprachen“ sowie „Werkgeheimnisse afrikanischer Sprachen“ mit Dr. Marie Ngom. Allein diese Titel zeigen bereits beispielhaft, dass es sich in der Uni-im-Café-Reihe nicht um Feuilleton- oder Sonntagszeitungsunterhaltung handelt, sondern um die verständliche Vermittlung von Wissenschaft, in unserem Falle um den direkten Einblick in die Forschung.
 

Die Beschäftigung mit afrikanischen Sprachen, es gibt davon etwa 2000, ist angesichts der Gefahr, dass viele langsam aussterben, von enormer Bedeutung. Herrmann Jungraithmayr entstammt einem alten oberösterreichischen Bauerngeschlecht, das in der Region Eferding angesiedelt war. Nach dem Abitur 1950 in Linz machte sich Jungraithmayr nach Wien auf und studierte dort Afrikanistik und Ägyptologie. Besonders gefördert wird er von seinem Lehrer Professor Wilhelm Czermak. Als dieser überraschend stirbt, wendet sich Jungraithmayr nach Hamburg, wo er bei Professor Johannes Lukas einen besonderen Ansprechpartner findet. Die Dissertation über das Tangale, eine nigerianische Sprache, führt 1956 zur Promotion. Die Zeit von 1956 bis 1959 verbringt er als Dozent am Goethe-Institut in Kairo. An der weltberühmten Al-Azhar Universität hat er 1957 die deutsche Sprache eingeführt. In die Jahre 1958-1959 fällt die Darfur-Expedition, eine Forschungsreise, die er mit seinem Bruder Alfred ins Innere Afrikas von Kairo aus unternimmt. 1962 kommt ein weiterer Forschungsauftrag in Nord- und Zentralnigeria hinzu. Dabei geht es um die Dokumentation der Sprachen Ron, Angas und Tangale. 1963-1972 war Jungraithmayr Assistent und Privatdozent an der Philipps-Universität in Marburg. 1970-1980 kommt ein Forschungsprojekt der osttschadischen Sprachen hinzu. In Marburg wird er 1972 Professor für Afrikanistik, wird aber 1985 nach Frankfurt auf den Lehrstuhl für Afrikanistik berufen und begründet dort das Institut für afrikanische Sprachwissenschaften. In diese Zeit fällt auch die leitende Mitwirkung an einem DFG-Sonderforschungsbereich zur Kultur und Sprache im zentralen Sudan.
 

Für seine Verdienste wird er als Ehrenhäuptling der Tangale gewürdigt. 1990-99 nimmt er die Position des Ersten Vorsitzenden der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft sowie die des Präsidenten der Association Méga-Tchad in Paris ein. Herrmann Jungraithmayr hat mehr als 200 Aufsätze und Artikel in wissenschaftlichen Zeitschriften sowie über ein Dutzend Bücher veröffentlicht.
 

Die musikalische Umrahmung und die technische Darstellung der Veranstaltung wurden von den Kindern Jungraithmayrs, Martin, Wolfgang, Therese und Daniel dargeboten.
 

Der hier vorgestellte Vortrag über die afrikanische Sprachforschung ist ein Vorgriff auf eine umfangreichere Publikation, die in der Reihe Uni-im-Café erscheinen wird. Herrmann Jungraithmayr zieht damit die Summe seiner Forschungen als ein Lebenswerk für die Afrikanistik.
 


Zum Vortrag:

In festlichem Rahmen und historischem Ambiente des Rathaussaales gab der Afrikanist Herrmann Jungraithmayr einen Einblick in seine Afrikaforschung am Beispiel einer möglichen Völkerwanderung aus der ehemals grünen Sahara vor 5000 Jahren in das südwestlich gelegene Tschadgebiet sowie ins südöstliche Niltal. Der Vortrag wurde musikalisch von Therese, Martin und Wolfgang Jungraithmayr auf Violine, Piano und Querflöte mit Werken von Frédéric Chopin, Wolfgang Amadeus Mozart, Edward Elgar und Johann Sebastian Bach begleitet. Die visuelle Projektion präsentierte Daniel Hänni. Ein Stehempfang mit Imbiss und Sekt rundete den festlichen Rahmen gesellig ab.





Jungraithmayrs Untersuchungen gründen auf den Sachverhalt, dass die Geschichte von Völkern und Kulturen, deren Verlauf nicht schriftlich festgehalten wurde, meist schnell in Vergessenheit gerät. Die mündlichen Überlieferungen, die sich in Afrika erhalten haben, aber vom Verschwinden bedroht sind, sind für den Wissenschaftler als Quelle historischer Tatsachen eine große Herausforderung.



Der Afrikanist unternimmt den Versuch, die noch heute gesprochenen Sprachen und ihre jeweiligen Eigenarten und ihr Verhältnis zueinander zu untersuchen.
 
Was dem Geologen die Fossilien und Schichtungen sind, mittels derer er auf einen vergangenen Zustand zurückschließen kann, das sind für den Linguisten die Besonderheiten der Sprachen von Kulturgruppen, die mutmaßlich einst aus der Grünen Sahara in den Tschad ausgewandert sind.





Die sprachhistorische Grundunterscheidung in Afrika besteht darin, dass im Norden die afroasiatische gegen Süden die nigritische Sprachenwelt herrscht. Das Tschadgebiet ist grundsätzlich dem Süden zuzuordnen, in dem aber fossilartige Sprachbesonderheiten auftreten, die auf eine Herkunft aus dem Norden hinweisen.




Bezüglich der Klassifizierung von Nomina sind grundsätzlich zwei Prinzipien in afrikanischen Sprachen zu unterscheiden:

  1. Das Prinzip der Klasse(n).
  2.  
  3. Das Prinzip des natürlichen Geschlechts.

Im ersten Fall haben Qualitäten wie Mensch, Tier, Größe, Flüssigkeit je ihre eigenen Merkmale und Kennzeichen.
Im zweiten Fall werden alle Gegenstände der Natur und Umwelt nach dem natürlichen Geschlecht eingeteilt.
 





Ein weiteres Merkmal zur Unterscheidung von Nord und Süd besteht zum Beispiel in dem Ablaut als Sprachbauprinzip.







Ein besonderes Erkennungszeichen einer tschadischen Sprache besteht in der maskulin/feminin-Unterscheidung beim Pronomen der zweiten Person Singular.




Jungraithmayrs sprachgeschichtliche Untersuchungen zielen vor allem auch auf den Nachweis gemeinsamer Wortwurzeln im Altägyptischen, Akkadischen und Tschadischen hin. Dabei treten Gemeinsamkeiten zu Tage, die sich über Jahrtausende erhalten haben. Ein einschlägiges Beispiel ist die Wortwurzel

spalten = paras

die sowohl in Keilschrifttexten des alten Babylons vor 4000 Jahren als auch in gegenwärtigen kleinen Sprachen des östlichen Tschad nachzuweisen ist.


Im Verlag veröffentliche Bücher von Prof. Jungraithmayr
Uni im Café 13
Jungraithmayr, Herrmann
Die Dreidimensionalität
afrikanischer Sprachen
Kartoniert: 2 Farbse.
3 s/w Abbildungen,
54 Buchseiten
ISBN 978-3-943556-45-2
Preis: 8,70 €




Uni im Café Bd. 24
Jungraithmayr, Herrmann
und Ngom, Marie
Werkgeheimnisse
afrikanischer Sprachen
Einblicke in eine verborgene Welt
Kartoniert: 61 Seiten, 3 Farbabbildungen,
4 s/w Abbildungen
ISBN 978-3-943556-78-0
Preis: 9,80 €


Chronik der Familie Jungraithmayr
  – Ein oberösterreichisches Bauerngeschlecht – 1526-2019
       erstellt von Herrmann Jungraithmayr und Waltraud Lidauer
       unter Mitwirkung von Lorenz Lidauer und Daniel Hänni
       Mit einem Essay von K. H. Symon
       Kartoniert: 140 Seiten Vollfarbe, Fadenbindung
       Format: 17 cm x 24 cm
       ISBN: 978-3-96577-010-2
       Preis: 24.00 €
    
     
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